Forschung & Lehre
Forschung und Lehre gehören zusammen: Dies lehrt nicht erst Wilhelm von Humboldt, der Begründer der klassischen deutschen Universität, auf den man sich dabei immer wieder bezieht. Jene Einheit ist in Europa vielleicht das erste Mal überzeugend in der Platonischen Akademie vertreten und gelebt worden. Lehre an der Universität sollte – noch immer und trotz allem – aus eigener Reflexion und Forschung kommen. Sie soll die jüngeren Studierenden begeistern können, aber auch, gerade in der Philosophie, in die Anstrengung des Begriffs und in eigene Arbeit und Urteilsfähigkeit einführen. Die beste Lehre ist unauffällig Sie macht sich irgendwann überflüssig Eine wichtige Errungenschaft der Moderne, die ich nicht missen möchte: Die Freiheit von Forschung und Lehre. Die Türen von Seminarräumen eröffnen einen Schutzraum für Gedanken, die erprobt werden müssen. Nur die Kraft der Argumente und die Kenntnisse zählen, nicht die Autorität.
In der Hektik und Angleichung der Hochschulen an den globalen ökonomischen Prozess wird dies zu einem Luxus. Man muss ihn sich lassen, die Themen frei – und relativ unbeeindruckt durch Moden – wählen. Nur wer sich Zeit zur Grundlagenarbeit lässt, findet auch Antworten auf die brennenden Fragen von heute und morgen.
Nur wenn man selbst weiterhin harte Bretter bohrt und sich der Kritik aussetzt, kann man andere auf diesem Weg begleiten. Philosophische Forschung hat dabei unterschiedliche Methoden: Man befragt Argumente und Begründungen, ob sie schlüssig sind; man führt Gespräche mit den Clubs der toten Denker und Dichter um Gegenwart und Zukunft, man horcht Texte und Zeugnisse der Vergangenheit ab, man findet Antworten, manchmal aber auch nur besser gestellte FragenLehrkonzeption: In der philosophischen Lehre ist es mein Anliegen, das Fach historisch und systematischer in seiner Breite zu vertreten. Erst auf einem solchen Fundament und der ausgewogenen Darstellung unterschiedlicher philosophischer Denkstile und –formen, kann die Spezialisierung einsetzen, die dann für eigenständige philosophische Forschung unabdingbar ist.
Philosophie hat, wie wir seit Kant wissen, einen Schul- und einen Weltbegriff. Sie ist ein Handwerk und sie betrifft das, was notwendig jeden und jede interessiert. Die Balance zwischen beiden Bereichen ist und bleibt faszinierend.
Ich habe seit meiner Habilitation mehrere Promotionsvorhaben betreut und als Erst- oder Zweitgutachter zu erfolgreichem Abschluss geführt. Daneben wirke ich regelmäßig als Gutachter bei Habilitationsverfahren mit. Ungefähr die Hälfte meiner Doktorandinnen und Doktoranden kommt aus dem Ausland (Polen, Tschechien, Spanien, Kanada, Indien, Türkei) und wird durch den DAAD bzw. andere Stiftungen gefördert.
Inter- und transdisziplinäre Kooperation, insbesondere mit Medizinern, Juristen, Theologen und Kunst- und Kulturwissenschaftlern, erscheint mir für Philosophen außerordentlich fruchtbar zu sein. Sie sollte nicht nur im Feld der Forschung Niederschlag finden, sondern auch in der Lehre, so dass Studierende von Anfang an damit vertraut werden.
In diesem Sinn versuche ich, in Zusammenarbeit mit jüngeren und älteren Kollegen und Kolleginnen, das Rad der Philosophie weiterzudrehen, ihren Erfahrungs- und Lebensschatz fruchtbar zu machen und die alten Fragen neu zu durchdenken: Der Bogen reicht dabei von Platon bis in die Gegenwart, von Grundfragen über menschliches Sein in Natur und Geschichte bis zu aktuellen politischen Fragestellungen
Philosophische und akademische Selbstcharakteristik
Ideengeschichtlich problemgeschichtlich erstreckt sich das Spektrum meiner philosophischen Arbeit in Forschung und Lehre von der antiken Philosophie (insbesondere die Vorsokratiker und Platon) über die Epochenschwelle zwischen Mittelalter und Neuzeit zu Kant und der nachkantischen Philosophie, also der spekulativen Philosophie des deutschen Idealismus. Hier sehe ich Paradigmen, die in der Gegenwart methodisch verändert, weitergeführt und keineswegs preisgegeben oder unterschritten werden dürfen. Ein weiterer Akzent liegt auf der Philosophie der Moderne und der Krise der Metaphysik, ausgehend von Nietzsche und Heidegger bis in die Gegenwart.
Die Begründung hoher Rationalitätsstandards seit Frege und Husserl gehört gleichermaßen in den Bereich der Philosophie der Moderne. Weshalb mir das Gespräch zwischen der Tradition der sogenannten analytischen und der hermeneutisch-phänomenologischen Philosophie ein besonderes Anliegen ist.
Systematisch konzentriert sich mein Lehr- und Forschungsprofil auf die seit Aristoteles zentralen Felder Theoretischer, Praktischer und Poietischer Vernunft. Dazu gehört immer auch das Nachdenken darüber, was Philosophie ist und sein kann, dem ich 2015 ein Buch gewidmet habe.
Kooperationen zwischen den Fakultäten, v.a. mit Neurologen, Psychiatern und Psychoanalytikern, kommt dabei ein besonderes Gewicht zu. Medizinethische Fragestellungen eröffnen zwischen Wissenschaft und ethischer Norm ein Feld von wissenschaftstheoretischen, anthropologischen, handlungstheoretischen, aber auch naturphilosophischen und ontologischen Implikationen, deren Klärung und Bestimmung mein besonderes, durch einschlägige Publikationen dokumentiertes Interesse gilt. Daneben arbeite ich seit langem auf dem Feld der Rechts- und Staatsphilosophie, sowie der politischen Philosophie. Grenzfragen zwischen Theoretischer und Praktischer Philosophie sind von besonderer Bedeutung. Auf dem Feld der fundamentalen Ethik arbeite ich im Anschluss an Ansätze bei H. J. Krämer und E. Tugendhat an einer ‚integrativen Ethik’, die kognitivistische und intuitionistische Ansätze, Pflichten- und Tugendethik, diskursethische Prozeduralität und Glücksethik in ein austariertes Gleichgewicht bringen soll.
In jüngerer Zeit wende ich mich vor dem Hintergrund der kulturhermeneutischen Probleme im Zeitalter von Globalisierung und weltweiter Vernetzung Fragen der Kulturphilosophie im interkulturellen Kontext und der Herausarbeitung interkultureller Implikationen der Philosophie, insbesondere auch der Religionstheorie, zu.